Zwei 11jährige Jungs prügeln sich auf auf dem Square de l‘ Asprirant-Dunand im wohl situierten 14. Arrondissement. Ferdinand schlägt mit dem Stock zu, Bruno verliert zwei Schneidezähne. Peng! Unter zivilisierten Leuten spricht man die Sache gemeinsam durch, schließlich ist man nicht in der Banlieu, wo die Autos brennen.
So beraten die „Tätereltern“ Alain und Annette mit den „Opfereltern“ Véronique und Michel bei Kaffee und Süßspeise, wie pädagogisch richtig auf Ferdinand und Bruno einzuwirken ist.
Aus gutem Willen zu Vergebung und Entschuldigung wird archaisches Chaos. Ein nervöser Magen, ein ausgesetzter Hamster, juristische Streitereien am Handy und eine penetrante Schwiegermutter am Telefon lenken immer wieder vom Thema ab. Wer war denn nun der Schuldige von den beiden Bengeln? Deutet Ferdinands rabiates Verhalten nicht auf Eheprobleme zwischen Alain und Annette hin? Was ist schlimmer: dass Annette quer über Véroniques Kunstbände kotzt, oder dass Véronique das Wohl ihrer Bücher deutlich mehr am Herzen liegt als das ihres Gastes? Dass Michel den Hamster seiner Tochter ausgesetzt hat, oder dass Alain einen Pharmakonzern mit einem gesundheitsgefährdenden Medikament vertritt? Das Kaffeekränzchen degeneriert zur Saalschlacht.
Mit diabolischem und vitriolgetränktem Humor und erbarmungsloser Treffsicherheit spießt Yasmina Reza in ihrem viel gespielten und von Roman Polanski verfilmten Stück die moderne bürgerliche Gesellschaft auf, die hin- und hergerissen ist zwischen aufgeklärtem, vernünftigem Gutmenschentum und allzumenschlichem, egoistischem Konkurrenzkampf. So verbindlich und watteweich wir uns auch geben mögen, am Ende behält einer die Oberhand: Der Gott des Gemetzels.
Es spielen:
Vèronique Houillé (Michaela Paefgen-Laß), Michel Houillé (Dirk Horstmann), Annette Reille (Simone Wittenstein), Alain Reille (Lars Kern)
Regie: Guido Paefgen / Souffleur : Stephan Schröder / Licht und Ton: Christoph Kreckel
PREMIERE: 31. März 2017, 20 Uhr